Time for SpEED – (Mathematische) Lerngelegenheit für alle gerecht gestalten
Mit der Unterzeichnung des Übereinkommens der Vereinten Nationen über die Rechte von Menschen mit Behinderungen (UN-BRK) 2008 wurde in Österreich ein wichtiger Grundstein für schulische Inklusion gelegt. Trotz der vielfältigen Entwicklungs- und Lernmöglichkeiten, die ein inklusiver Unterricht für Schüler:innen sowohl mit als auch ohne Förderbedarf mit sich bringt, zeigt sich in der praktischen Umsetzung an den österreichischen Schulen noch Optimierungspotenzial.
Lehrer:innen stehen vor der Herausforderung, Lerngelegenheiten zu schaffen, die den individuellen Bedürfnissen ihrer Lernenden gerecht werden. Das offene Kollaborationsprojekt “SpEED – Special Education Embodied Design” stellt sich dieser Herausforderungen und zeigt auf Basis unterschiedlicher Projekte auf, wie Lerndesigns – sowohl fachspezifisch in der Mathematik wie auch allgemein – auf Interaktion und Kommunikation bezogen entwickelt werden können, damit individuelle Bedürfnisse, Vorlieben und Praktiken verschiedener Lernende berücksichtigt und Barrieren abgebaut werden können. Grundlegend ist hierbei ein Design Research-Ansatz, in dem das Design der Lerngelegenheiten und die Erforschung der durch den Einsatz resultierenden Lern- und Interaktionsprozesse Hand in Hand gehen, um das Design wie auch die Theorie in mehreren Zyklen zu überarbeiten.
Universal Design for Learning
Die theoretische Basis für das Design der Lerngelegenheiten kombiniert Universal Design for Learning (UDL) damit einem Design-Ansatz, der auf Theorien der Embodied Cognition basiert, dem ‘Embodied Design for Learning’ (siehe hierzu z.B. Abrahamson, 2014) . Hierbei rückt der Körper als aktive Komponente beim Denken in den Vordergrund und es wird explizit einbezogen, dass kognitive Strukturen durch die körperliche Erfahrung mit unserer Welt geformt werden und nicht nur alleinige Sache des Gehirns sind. SpEED sieht damit das Potenzial, spezifischere Werkzeuge für den Abbau von Barrieren zu entwickeln und Lehrpersonen für ihren Unterricht zur Verfügung zu stellen. “Special Education Embodied Design" umfasst damit eine neue Art darüber nachzudenken, wie ganz verschiedene – v.a. sensorisch und neurodiverse - Lernende mit und durch körperliche Handlungen, aber auch miteinander lernen können”, fasst Christina Krause das Projektziel zusammen.
Projektgeschichte
Das Projekt wurde 2019 von Mitgliedern des Embodied Design Research Lab’s um Prof. Dor Abrahamson an der Graduate School of Education ins Leben gerufen und bestand anfangs aus Christina Krause (damals Postdoc im Lab, jetzt Universität Graz), Sofia Tancredi (PhD Studentin an der UC Berkeley/San Francisco State University), Rachel Chen (damals PhD Studentin an der UC Berkeley/San Francisco State University) und Dor Abrahamson (Professor und Leiter des Labs an der UC Berkeley). Inzwischen hat sich das Team um weitere Projekte, Designs und Lernendenpopulationen erweitert.
Die Drei SpEED Prinzipien
1. Lernen geschieht in der körperlichen sensomotorischen Auseinandersetzung mit der Welt.
2. Lernen setzt an den vorhandenen körperlichen Ressourcen der Lernenden an.
3. Unterrichtliche Handlung muss flexibel an die sensorimotorische Vielfalt der Lernenden anpassbar sein.
Unter dem Link erfahren Sie mehr über die Prinzipien und theoretischen Grundlagen des SpEED-Projektes.
Die SpEED Projekte der ersten Generation
SignEd|Math
Bei dem Projekt wird untersucht, welche Rolle die Gebärdensprache beim mathematischen Denken spielt. Die Forscher:innen gehen davon aus, dass der Gebrauch von Gebärdensprache den Zugang und die Strukturierung von Lehrinhalten beeinflusst. Da es an konventionellen mathematischen Gebärden mangelt, eröffnen sich für Lehrende und auch für Lernende sehr viele Möglichkeiten, mathematische Sprache im Unterricht sinnhaft zu gestalten.
Mehr über das Projekt erfahren Sie hier.
Balance Number Line
Das Projekt zeigt neue Wege auf, wie Bewegung als Mittel genutzt werden kann, um die Wachsamkeit von Schüler:innen mit hohem Bewegungsdrang für den Lernprozess aufrechtzuerhalten. Unter der Annahme, dass sich Lernaufgaben und -umgebungen, die den sensorischen Regulationsbedürfnissen der Lernenden entsprechen, positiv auf die Wirksamkeit des Lernprozesses auswirken, wird aufgezeigt, wie der Gleichgewichtssinn über die Aktivität am Balance Board für die Auseinandersetzung mit mathematischen Konzepten genutzt werden kann.
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Magical Musical Mat
Das Projekt verfolgt das Ziel aufzuzeigen, wie Lernumgebungen für nicht-sprechende Lernende im Autismus-Spektrum gestaltet und soziale Interaktionen sowie Kommunikation über Klang und Berührungen ermöglicht werden können.
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