Forensische Linguistik: Was Texte über uns verraten
Wie Texte bei der Aufklärung von Straftaten helfen können und was sie über die Person verraten, die sie verfasst hat - mit dieser und noch anderen Fragestellungen setzt sich die forensische Linguistin und Anglistin Karoline Marko im Rahmen ihrer Forschung für ihre Habilitation an der Universität Graz auseinander.
Bei der Forensischen Linguistik handelt es sich um eine relativ junge Disziplin der angewandten Sprachwissenschaft, die – wie der Name schon vermuten lässt - sich im Ursprung mit der Analyse von strafrechtlich relevanten Texten auseinandersetzt, um Hinweise auf den Autor oder die Autorin eines Schriftstückes zu erhalten. Dabei geht es laut Marko nicht primär um den Inhalt eines Schreibens, sondern vielmehr darum, wie eine Person einen Text verfasst. Seltene Wortkombinationen oder die Vorliebe für bestimmte Wörter können einen ersten Aufschluss über den Verfasser oder die Verfasserin geben und letztendlich dazu beitragen, Straftaten aufzuklären.
Sprache verändert sich
Alter, Bildungsniveau und unterschiedliche Lebensphasen wirken auf die Sprache eines Menschen ein. Verschiedenste äußere Umstände nehmen Einfluss auf die Sprache einer Person, auch wenn die Veränderungen meist subtil sind und vom Umfeld nicht unmittelbar wahrgenommen werden, erklärt Marko. Bei der Analyse von zwei oder mehreren Schreiben, die in einem größeren Zeitabstand voneinander verfasst wurden, muss dieser Faktor berücksichtigt werden, um Schlüsse auf eine Person bzw. Gruppe ziehen zu können. Die forensische Linguistik befasst sich dabei mit allen “Textsorten”, mit dem eine Straftat begangen wird (z.B. eines Erpresserbriefes) bzw. mit allem, was im Kontext einer Straftat produziert wird (z.B. anonyme Hinweise, SMS oder E-Mails). Karoline Marko hat sich bereits im Rahmen ihrer Dissertation auf die Forensik spezialisiert und berichtet von erstaunlichen Forschungsergebnissen aus dem Bereich der Erpresserbriefe.
Der höfliche Erpresserbrief
Dank Film und Fernsehen besteht eine recht klare Vorstellung, wie Erpresserbriefe (zumindest optisch) gestaltet sind. Das Bild des:der Täter:in, der in einem verdunkelten Raum in mühevoller Kleinarbeit Zeitungsbuchstaben ausschneidet, um sie anschließend zum bedrohenden “Gesamtwerk” zusammenzufügen, ist allzu präsent. In der Realität sind solche Briefe aber eher eine Seltenheit. Noch überraschender ist jedoch, dass viele Erpresserbriefe durchaus sehr höflich formuliert sind und sich in ihrer Schriftform an Geschäftsbriefen orientieren. So kann es sein, dass um eine Spende gebeten wird, statt sie zu fordern und der Erpresserbrief durch eine persönliche Anrede und eine Schlussformel abgerundet wird. Das alles dient dazu, sich vom Opfer zu distanzieren und die eigene Straftat zu beschönigen.
Das klingt spannend? Das sieht auch Karoline Marko so und möchte zukünftig über Kooperationen noch stärker das Wissen der Forschung in die Praxis transportieren sowie Methoden verbessern und evaluieren. Ihre Forschungsergebnisse hat Karoline Marko auch schon im Podcast der Wissenschafts-Show "Science Buster" einem breiten Publikum präsentiert.
Dr.phil
Karoline Marko, BSc
Institut für Anglistik
Geisteswissenschaftliche Fakultät